It., 1967. Regie: Edoardo Mulargia
Revolverheld Cjamango – in der
deutschen Fassung wurde aus ihm eine weitere Django-Inkarnation – hat Glück im
Spiel. Gerade hat er einen üppigen Goldschatz zweifelhafter Herkunft gewonnen,
ob er dabei getrickst hat, bleibt unklar. Doch sein Glück währt nicht lange –
kaum hat er seinen Spielpartner ins Jenseits befördert, weil dieser sich als
kein guter Verlierer erwies, schon droht Cjamango das gleiche Schicksal. Eine
schiesswütige Bande überfällt das Lokal und knallt alles nieder, was sich
bewegt. Cjamango überlebt verletzt, doch das Gold ist er los. Wenig geneigt,
sich damit abzufinden, macht er sich auf die Suche nach den Räubern. Dabei
verschlägt es ihn in ein Dorf, das sich gerade in heller Aufruhr befindet. Die
Bewohner glauben, die Pest sei ausgebrochen und verlassen den Ort fluchtartig.
Zurück bleiben zwei rivalisierende Banden – eine von beiden hat sich das Gold
unter den Nagel gerissen, die andere ist fest entschlossen, es den Rivalen
abzujagen. Außer ihnen blieben noch eine Frau und ein kleiner Junge im Dorf
zurück, sie versuchen sich zwischen den Fronten zu behaupten.
Cjamango aber interessiert nur das
Gold – so versucht er, eine Bande gegen die andere auszuspielen. Doch da gibt
es noch einen weiteren Fremden, der Cjamango auffällig dicht auf den Fersen
bleibt.
Vieles an „Cjamango“/“Django –
Kreuze im Blutigen Sand“ erinnert natürlich an die Mutter aller
Spaghetti-Western, Sergio Leones „Für eine Handvoll Dollar“. Der einsame,
schweigsame Pistolero, der – von nicht immer hehren Beweggründen getrieben – am
Ort des Geschehens auftaucht und die lokalen Platzhirsche gegeneinander
ausspielt, dieses Plot-Grundmuster geht unzweifelhaft auf Leone zurück. Auch
die einsame Frauenfigur, die in dieser manisch aufs Morden und Sterben
fixierten Männergesellschaft mit allen Mitteln ums Überleben kämpft, hat ihr
Vorbild in Marianne Kochs Rolle im erstem Dollar-Film.
Was den Plot anbetrifft, liefert
Edoardo Mulargias Film also kaum Überraschungen, sieht man einmal von der
„unerwarteten“ Wendung ab, die das Geschehen kurz vor Schluss nimmt, und die
für den aufmerksamen Zuschauer so unerwartet natürlich gar nicht kommt.
Ansonsten variiert „Cjamango“ das bewährte Grundmuster kaum. Der Protagonist
ist ein Schurke, wenn auch kein ganz mieser, die Gangsterbosse sind raffgierig
und eiskalt, und die einzige Frau im Dorf ist auch alles andere als eine
Heilige. Ihr Schicksal ist das der meisten Frauenfiguren im Italo-Western: es
gibt für sie schlicht keinen Platz, so kann sie nur scheitern. Das bedeutet,
dass sie von der Bildfläche verschwinden muss (wie Marianne Koch in Leones
Film), ansonsten wartet der unausweichliche, gewaltsame Tod auf sie.
Und auch ein wirkliches Happy-End
gibt es nicht in diesem nihilistischen Kosmos – hier wird keine natürliche
Ordnung wieder hergestellt (anders als im amerikanischen Western), sondern das
Spiel geht ewig so weiter und wer zuletzt lacht, der lacht immer noch am
besten.
Nicht nur inhaltlich, auch
Stilistisch hält sich Regisseur Mulargia weitgehend zurück. Der offenbar mit
wenig Geld gedrehte Film ist routiniert und straff inszeniert, es fallen weder
Längen noch nennenswerte visuelle Mätzchen auf. „Cjamango“ gehört eindeutig
nicht zu den barock-bizarren Vertretern des Italo-Western, noch verfällt er in
Klamauk, auch wenn die deutsche Synchro (Rainer Brandt mal wieder....) sich
redlich Mühe gibt: „E.W.G. – einer wird gewinnen“ lässt er Cjamango nach
gewonnenem Kartenspiel sagen. Besser ist man hier eindeutig mit der
italienischen Originaltonfassung beraten, schon weil dieses mal nahezu alle
Darsteller mit Ausnahme von Hargitay offenbar italienisch sprechen. Der
Grundton des Films ist ernst, wenn auch nicht tragisch oder zu sentimental, und
so laufen die ständigen Versuche der deutschen Synchronregie, das Ganze auf
Kalauer hin zu trimmen, zwangsläufig ins Leere.
Die Hauptrolle des Cjamango spielt
der kroatischstämmige Italiener Ivan Rassimov, damals noch unter dem Pseudonym
Sean Todd. In den Folgejahren entwickelte sich Rassimov zum vielbeschäftigten
Genredarsteller, der dank seines markanten Gesichts zunächst vom Regisseur
Sergio Martino bevorzugt als dämonische Nebenfigur in seinen Gialli besetzt
wurde. Später drehte Rassimov mit Umberto Lenzi und Ruggero Deodato einige
legendär-berüchtigte Kannibalen-Filme, spielte mit wechselnden Haarfarben in
diversen Poliziotteschi den Schurken und tauchte an der Seite von Laura Gemser
in zwei Emanuelle-Filmen von Joe D’Amato auf.
In „Cjamango“ steht Rasimov, dessen
Schwester Rada übrigens ebenfalls eine Karriere im Genrefilm verfolgte, noch am
Beginn seiner Laufbahn. Man erkennt ihn kaum unter dem Dreitagebart, auch sein
später so markanter stechender Blick ist noch nicht ganz ausgeprägt. Dennoch,
sein Gesicht ist interessant/markant genug, um dem Film zu tragen. Anhänger von Clint Eastwood und Franco Nero
werden Rassimov in der Cjamango-Rolle vermutlich als etwas farblos empfinden,
doch sein zurückhaltendes Spiel passt perfekt zum Film.
Neben Rassimov treten in „Cjamango“
einige weitere vertraute Genre-Darsteller auf – so spielt Piero Lulli wie immer
verlässlich den Schurken, während Hélène Chanel (eigentlich Hélène Stoliaroff)
als hinreißend zwielichtiges Objekt der Begierde eine ähnlich gute Darstellung
liefert. In der Rolle des rätselhaften, schwarz gekleideten Fremden tritt
Mickey Hargitay auf, der ungarische ex-Bodybuilder und ex-Gatte von Jayne
Mansfield. Hargitay ist nie ein guter Schauspieler gewesen, allerdings fällt
das in der Rolle, die er in „Cjamango“ spielt, kaum auf, denn er verbirgt sein
Gesicht meist unter der breiten Hutkrempe.
In der etwas nervtötenden Rolle des
kleinen, schutzbedürftigen Jungen (Kinderrollen sind immer eine Sache für
sich...), tritt der damals vielbeschäftigte Kinderstar Giusva Fioravanti auf.
Seine Laufbahn nahm eine ganz unerwartete Wendung, als er sich – kaum
volljährig – den italienischen Neofaschisten als Terrorist anschloss und
schließlich für über 90 Morde zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Unter den
Verbrechen, die ihm angelastet wurden, zählte auch der berüchtigte
Bombenanschlag auf den Hauptbahnhof von Bologna, der 1980 ganz Italien in Angst
und Schrecken versetzte. Vielleicht hätte Cjamango das Dynamit besser hochgehen
lassen, anstatt den unerträglichen Balg zu retten....
„Cjamango“-Regisseur Edoardo
Mulargia gehört unter den italienischen Genreregisseuren eindeutig ins zweite
Glied, auch wenn er einige interessante Filme inszenierte – darunter der
exotische Giallo „Death in Haiti“ (1972) und der Western „W Django!“ (1971),
beide mit Anthony Steffen. Mulargias Karriere endete 1980 mit einigen
Frauengefängnis-Filmen, die deutlich in Hardcore-Gefilde kippten.
„Cjamango“/“Django – Kreuze im
Blutigen Sand“ erschien 1967, als der Italo-Western seinen Zenith erreichte,
und er lief seiner bescheidenen Herkunft und Machart zum Trotz recht
erfolgreich im Kino. In der Masse der Italo-Western ragt er kaum heraus,
allerdings weist er auch keine allzu drastischen Mängel auf. Ein Routine-Werk
also, für das sich vermutlich vor allem Genrefans interessieren werden.
In der Italo-Western Reihe von Koch
Media erschien er unter dem deutschen Verleihtitel „Django – Kreuze im Blutigen
Sand“ als Nummer 17. Dass er in Deutschland zum Django-Film umgewidmet wurde
überrascht wenig, und in diesem Fall war es ausnahmsweise durchaus konsequent –
allein der Name Cjamango verrät schon, dass die Macher des Films die populäre
Django-Figur fest im Blick hatten. Die Kreuze im blutigen Sand wird man im Film
allerdings vergeblich suchen.
Leider fällt die DVD hinsichtlich
der Bildqualität deutlich aus dem Rahmen. Das Bild ist durchweg zu weich, die
Farben verlaufen wie bei einer VHS-Kassette, Treppchenbildung überall,
Landschaften flirren um die Wette – kurzum, es ist offensichtlich, dass Koch eine
Vorlage zur Verfügung hatten, die qualitativ weit unter dem gewohnten Niveau
lag. Vermutlich gab man sich Mühe, herauszuholen was herauszuholen war, dennoch
muss man leider sagen, dass das Resultat enttäuschend ausgefallen ist. Das
macht diese Veröffentlichung umso mehr zur reinen Fan-Sache.
Als Extra gibt es ein 20-minütiges,
atemloses Interview mit dem italienischen Filmhistoriker Bruschini, zusammen
mit den Liner Notes von Christian Kessler dürfte dies alle Fragen zum Film
befriedigend beantworten. Dazu Trailer auf deutsch, englisch und italienisch,
und eine Bildergalerie.
Wer sich nicht gerade als
Spaghetti-Western-Fan betrachtet, sollte es besser mit einem anderen Film aus
der Reihe versuchen, für die Spezialisten dürfte wiederum die magere Bildqualität
ein deutliches Manko darstellen. Unterm Strich bleibt ein unterhaltsamer, wenn
auch nicht weiter bemerkenswerter Film in einer für Koch untypisch schwachen
Edition. Für Komplettisten und Rassimov-Fans.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen