It./D, 1969. Regie: Antonio Margheriti
Während
Italiens Großmeister des Genrekinos Mario Bava mittlerweile im In- und Ausland
dank hervorragender BD-Editionen längst werkumfasssend gewürdigt wird, fristet das Werk seines
Landsmannes Antonio Margheriti noch immer ein Schattendasein, von einigen
wenigen kompetenten Veröffentlichungen - meist als DVD - mal abgesehen („Castle of Blood“ bei
Synapse/USA, „Virgin of
Nuremberg“/“Schloß des Grauens“ bei Shriek Show/USA und Koch/D, „Seven
Deaths in the Cat’s Eye“ bei Blue Underground/USA, „Naked... you die“/“Sieben
Jungfrauen für den Teufel“ bei Dark Sky/USA und X-Rated/D). Das ist schade,
denn Margheriti war zwar ein vielfilmender Tausendsassa, der in allen Genres
aktiv war und auch einiges an Trash fabriziert hat, dennoch bietet seine
Filmografie genug Hervorragendes, sodass sich ein genauerer Blick
außerordentlich lohnt. Einen Großteil seiner Filme unterschrieb er mit seinem
vermarktungsfreundlicheren nome-de-plume Anthony Dawson. Bekannt ist er wohl in
erster Linie für seine Horrorfilme, seine Arbeiten im Science-Fiction dagegen
sind heute fast vergessen, obwohl es hier einige Perlen des 60s-Pop-Art-Films
zu entdecken gäbe („Criminali della Galassia“/“Raumschiff Alpha“/“The Wild Wild
Planet“, 1965). Wie Mario Bava war Margheriti natürlich auch in dem kommerziell
erträglichsten Feld der italienischen Filmproduktion der 60er tätig: dem
Spaghetti-Western. Sein zweifellos bester Beitrag zum Genre ist der 1969 als
italienisch-deutsche Koproduktion gedrehte „E Dio disse a Caino“/“Satan der
Rache“ mit Klaus Kinski in der Hauptrolle. e-m-s, neben Koch und Anolis zeitweise
Vorreiter in angemessenen Genreveröffentlichungen (bis zur Auflösung der Firma
2012), hat schon 2005 eine gelungene, wenn auch nicht perfekte DVD des Films
auf den deutschen Markt gebracht, die trotz einiger Bildmängel noch immer zu
empfehlen ist.
Während
viele Italo-Western durchaus einzelne Elemente des Horrorfilms aufnehmen aber
im Kern doch Western bleiben, ist Margheriti hier die perfekteste Synthese
beider Genres gelungen. „Satan der Rache“ ist ein atmosphärisch dichter,
spannender und origineller Gothic-Western, den man zu den besten Italo-Western
zählen kann.
Gary
Hamilton (Klaus Kinski) wird nach 10 Jahren Arbeitslager entlassen, und er
kennt nur einen Gedanken: Rache am örtlichen Strippenzieher Acombar, der ihm
einst einen Mord anhängte, um sich anschließend nicht nur Hamiltons Besitzes,
sondern auch dessen Geliebter zu bemächtigen.
In der von Acombar kontrollierten Stadt spricht sich schnell rum, dass Hamilton wieder frei ist, Unruhe breitet sich aus. Düstere Vogelschwärme und ein aufziehender Tornado sind Vorboten des Untergangs, die Natur scheint im Verbund mit dem Rächer.
Kinski spielt den Racheengel stoisch und mit sparsamer Mimik vor dem Hintergrund einer sich in Panik auflösenden Ordnung. Selten wurde die Bedrohung herannahenden Unheils so gekonnt inszeniert, Margheriti fährt dabei nach und nach das ganze Arsenal des Gothic-Horror auf: Eine sich gegen die gestörte Ordnung (Unrecht) wehrende Natur, ein mehr und mehr ins irrationale abdriftendes Verhalten der Schuldigen, Kirchenglocken, die den Untergang ankündigen, knarrende Türen, wehende Vorhänge. Ein Spiegelsaal (ein Schuft, wer dabei an Orson Welles denkt!) verbildlicht die Verunsicherung der Gejagten, und das düstere Familiengeheimnis verbirgt sich – natürlich – hinter dem Spiegel. Wie in einer shakespearschen Rachetragödie nimmt das Unheil seinen Lauf, keiner kann es aufhalten, keiner seinem Schicksal entkommen. Eine Frau am Klavier spielt ahnungsvoll schwermütige Melodien (siehe auch „Long Hair of Death“, „Die Stunde, wenn Dracula kommt“, „Der Dämon und die Jungfrau“), Kerzenleuchter illuminieren die Räume, und fast könnte man meinen, die dem Untergang geweihte Familie wohne in einer Burg anstelle des andalusischen Anwesens, das als Kulisse dient. Wo im herkömmlichen Western meist mit Gewehrkugeln gemordet wird, sterben die Handlanger Acombars in bester Gothic-Horror-Manier durch Aufhängen (am Glockenseil!), zerteilen (durch die Kirchenglocke!!), oder sie hängen aufgespießt am Haken. Alles andere als ein Standardwestern also, am ehesten lässt sich Margheritis Film noch mit Canevaris „Willkommen in der Hölle“/“Matalo!“ vergleichen, auch wenn er nicht dessen Durchgeknalltheit besitzt .
In der von Acombar kontrollierten Stadt spricht sich schnell rum, dass Hamilton wieder frei ist, Unruhe breitet sich aus. Düstere Vogelschwärme und ein aufziehender Tornado sind Vorboten des Untergangs, die Natur scheint im Verbund mit dem Rächer.
Kinski spielt den Racheengel stoisch und mit sparsamer Mimik vor dem Hintergrund einer sich in Panik auflösenden Ordnung. Selten wurde die Bedrohung herannahenden Unheils so gekonnt inszeniert, Margheriti fährt dabei nach und nach das ganze Arsenal des Gothic-Horror auf: Eine sich gegen die gestörte Ordnung (Unrecht) wehrende Natur, ein mehr und mehr ins irrationale abdriftendes Verhalten der Schuldigen, Kirchenglocken, die den Untergang ankündigen, knarrende Türen, wehende Vorhänge. Ein Spiegelsaal (ein Schuft, wer dabei an Orson Welles denkt!) verbildlicht die Verunsicherung der Gejagten, und das düstere Familiengeheimnis verbirgt sich – natürlich – hinter dem Spiegel. Wie in einer shakespearschen Rachetragödie nimmt das Unheil seinen Lauf, keiner kann es aufhalten, keiner seinem Schicksal entkommen. Eine Frau am Klavier spielt ahnungsvoll schwermütige Melodien (siehe auch „Long Hair of Death“, „Die Stunde, wenn Dracula kommt“, „Der Dämon und die Jungfrau“), Kerzenleuchter illuminieren die Räume, und fast könnte man meinen, die dem Untergang geweihte Familie wohne in einer Burg anstelle des andalusischen Anwesens, das als Kulisse dient. Wo im herkömmlichen Western meist mit Gewehrkugeln gemordet wird, sterben die Handlanger Acombars in bester Gothic-Horror-Manier durch Aufhängen (am Glockenseil!), zerteilen (durch die Kirchenglocke!!), oder sie hängen aufgespießt am Haken. Alles andere als ein Standardwestern also, am ehesten lässt sich Margheritis Film noch mit Canevaris „Willkommen in der Hölle“/“Matalo!“ vergleichen, auch wenn er nicht dessen Durchgeknalltheit besitzt .
Die
Westernstadt, durch die der Sturm fegt, wird in „Satan der Rache“ mehr und mehr
zum Ersatz-Spukschloss. In einer Geschichte um Schuld, Sünde und Rache darf auch
das sakrale nicht fehlen, und so gibt es Kirchenorgeln und einen stummen
Pfarrer, der regungslos und fatalistisch den Opfertod stirbt. Während sich über
der Erde Angst und Schrecken verbreiten, bewegt sich der unwirklich
erscheinende Racheengel unterirdisch durch verlassene Katakomben, angefüllt mit
indianischen Kultobjekten und Gräbern. Wer will, kann hier Psychologisches
hineinlesen (Unterbewusstsein), oder aber sich einfach nur wohlig gruseln.
Schließlich gerät die Dynamik der Schuld vollends außer Kontrolle, und die
Familie Acombars löscht sich selbst aus. Das reinigende Feuer, das ihr Anwesen verschlingt,
erinnert wohl nicht ganz zufällig an Roger Cormans „Untergang des Hauses
Usher“. Am nächsten Tag, als der Tornado und mit ihm der Rächer verschwunden
sind, ist nichts mehr wie es war.
Das
Motiv des zu Unrecht verurteilten, der zum Racheengel wird, liegt wohl mehr
oder weniger den meisten Spaghetti-Western zugrunde, dennoch gelingt es
Margheriti, durch stilistische Überhöhung und Verdichtung diesem altbekannten
Handlungsmuster ein Maximum an Spannung und Atmosphäre abzugewinnen.
Gleichzeitig würzt er den Film mit einer moralischen Ambivalenz – am Ende setzt
er das Bibelzitat um Kain und das Blut, das er vergossen hat (der italienische
Originaltitel des Films bedeutet „Und Gott sprach zu Kain“), gemeint ist damit
der „gerechte“ Rächer Hamilton, den Gott verflucht und zu einem unsteten Leben
auf der Flucht verdammt.
Neben
Kinski profitiert der Film von einer guten Besetzung – Peter Carsten, der auch
Koproduzent war, spielt den gehetzten Acombar glaubhaft, Marcella Michelangeli
als ex-Geliebte Hamiltons und Acombars Frau hätte auch jeden Horrorfilm der
Dekade geziert, und Luciano Pigozzi hat einen seiner zahlreichen Auftritte als
„Italiens Peter Lorre“, ihm gönnt Margheriti ein besonders denkwürdiges Ende.
Eine
HD-Veröffentlichung des Films steht noch aus, bislang ist nur die DVD von e-m-s
verfügbar. Die Bildqualität der nun schon etwas älteren Editión schwankt zwar an einigen
Stellen ganz erheblich, bleibt aber immer im annehmbaren Bereich. Neben der
guten deutschen Synchro gibt es den italienischen Originalton in guter
Qualität, Trailer, Filmografien zu Kinski und Margheriti und die übliche
Bildergalerie. Verpackt ist das Ganze im stilecht gestalteten Schuber.
Natürlich wären mehr Extras schön gewesen – etwa eine Doku über den Regisseur,
doch dafür bieten sich ja noch genügend Gelegenheiten, denn eine
Wiederentdeckung von Margheritis umfangreichem Werk ist dringend überfällig.
(8/10)
(8/10)
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